Beschreibung
Polizeischutz für die Lehrpläne, ratlose Politiker*innen, ohnmächtige Lehrkörper? Ende März 2006 forderte die Rektorin der Rütli-Hauptschule in Berlin-Neukölln in einem offenen Brief die Auflösung der Schule zugunsten einer neuen Schulform: »Welchen Sinn ergibt es, dass in einer Schule all die Schüler*innen gesammelt werden, die weder von den Eltern noch von der Wirtschaft Perspektiven aufgezeigt bekommen, ihr Leben sinnvoll gestalten zu können? In den meisten Familien sind unsere Schüler*innen die Einzigen, die morgens aufstehen. Wie sollen wir ihnen erklären, dass es trotzdem wichtig ist, in der Schule zu sein und einen Abschluss anzustreben?« – Seitdem wird in Medien und Politik wieder wild diskutiert: über Verliererschulen, Integrationsmaßnahmen und schlechte Pisawerte.
Sternschnuppen rückt diese Diskussion in eine andere Perspektive. Denn das neue Buch von Ulrike Gschwandtner und Frigga Haug spricht nicht nur von oben über die Heranwachsenden, sondern untersucht ihre eigenen Lebensentwürfe: Wie stellen sich Schüler*innen tatsächlich ihre Zukunft vor? Welche Wünsche haben sie, welche glauben sie einlösen zu können, wenn sie erst erwachsen sind?
Auf der Basis von 500 Aufsätzen 13- bis 18-jähriger Schülerinnen und Schüler aus den verschiedenen Schultypen Deutschlands und Österreichs zeigen Ulrike Gschwandtner und Frigga Haug, wie sich die Einzelnen im Verhältnis zu Arbeit und Technik, zu Beruf und Familie, zu Freizeit und Politik entwerfen. Es geht um Grenzüberschreitungen und um den mächtigen Einfluss des Fernsehens auf die Stilllegung kindlicher Fantasie. Wo Schüler und Schülerinnen weitgehend künstliche Erfahrungen machen, bleiben reformierte Curricula und sich abmühende Lehrer ohnmächtig. Die Aufsätze machen deutlich, dass die Kulturen der Eltern und die ihrer Kinder einander kaum kennen, dass die Vermittlung von einer Generation zur nächsten nicht mehr stattfindet.
Dieses Taschenbuch zeigt an den Texten und Weltbildern der Schüler*innen selbst, wo Eingriffe nötig und wo sie möglich sind – Stand 2006, also noch vor dem großen Digitalisierungsschub. Das macht Sorge.