Beschreibung
Hals über Kopf
»Mich persönlich überzeugt von den Speisegeboten die Regel, die das Mischen von Milch und Blut verbietet. Milch ist Geschenk, Blut ist Gewalt. Das ist das, was für mich in der heutigen Welt Sinn ergibt. Und ich für mein Teil will nichts mit Gewalt nehmen. Mit anderen Worten: Richtig, ich esse kein Fleisch.«
Seema Dahami ist Stadtgärtnerin: Sie gestaltet Londoner Dachgärten, Balkons, Erker und andere grüne Nischen der Großstadt – auch Verkehrsinseln. Sie plant, pflanzt und jätet, pflegt und bringt zum Blühen.
Mit ihrer orthodoxen Mutter führt Seema Dahami einen Stellungskrieg um Erscheinung, Religion und Ernährung: Atheistin Seema lebt vegetarisch, ihre jüdische Mutter lebt koscher. Dann trifft Seema einen eleganten älteren Mann namens Lazaro, der sie in ein anregendes Gespräch verwickelt. Was ist schon dabei, wenn sie einen Zug aus seiner exquisiten Opiumpfeife nimmt? Der Handel mit dem Gift des Mohns hat in ihrer Familie historische Tradition. Außerdem ist Seema erwachsen. Und überdies stellt Lazaro ihr einen verlockenden Gartenjob in Aussicht. Aber wer ist Lazaro wirklich, und was will er eigentlich von ihr?
»Wer nach Geschichten sucht, die das Genre transzendieren, wird von Liza Cody begeistert sein.«
Der Spiegel
#lizacody
Vorwort der Herausgeberin
Liza Codys Kriminalromane sind gerne Reisen mit extrem ungewisser Route, Ausflüge in Parallelwirklichkeiten, deren warmer und lebhafter Realismus dabei hilft, dieser begnadeten, aber hypereigenwilligen Erzählerin bei ihren Sprüngen und Gedankenspielen zu folgen.
Auch Milch oder Blut beginnt ganz bodenständig im Hier und Jetzt des heutigen Brexit-Englands. Seema, siebenundzwanzig, selbständig, Ich-Erzählerin dieser Geschichte, rutscht in ein seltsames Abenteuer hinein, verstrickt sich in tagtraumartige Eskapaden und gerät in ein undurchdringliches Dickicht aus unvereinbaren Welt- und Lebensanschauungen. Wie eine schwere Krankheit befällt Seema ein Symptom unserer Gegenwart: Von allen Seiten drängen sich ihr sogenannte Wahrheiten auf, Deutungen und Maßgaben. Sie bauen auf ihre Sehnsüchte und Träume, auf Tradition, auf Gruppenzwang und unüberschaubare Regelwerke. Und da Seema ständig mit dem Bedürfnis ringt, endlich irgendwo dazuzugehören und anerkannt zu werden, streitet Vernunft mit Gefühl, Wissen mit Wünschen, Ratio mit Hoffnung. Denn was sie erlebt, ist bizarr.
Milch oder Blut: eine Burleske, ein wilder Ritt durch Genres und Szenarien, eine urwüchsige Erzählung über Prinzipien, Glaube und Aberglaube. Und ein Krimi über Glücksversprechen. Denn Menschen machen ihre Geschichte selbst, wenn auch nicht aus freien Stücken. Hals über Kopf. Oder?
Else Laudan