Beschreibung
Das Argument 317 wird von Herausgeber Jan Rehmann mit den Worten eingeleitet: »Die sowjetische Tragödie haben kritische Marxisten spätestens seit dem Zusammenbruch des befehlsadministrativen Sozialismus in Osteuropa analysiert. Aber wie begreifen wir die mit diesem Kollaps zeitlich zusammenfallende und doch ANDERE Tragödie des jugoslawischen Projekts?«
Die Autor*innen des Hefts widmen sich den Besonderheiten des jugoslawischen Projektes, entstanden durch ein »›marktsozialistisch‹ geförderte[s] Auseinanderbrechen zentraler Staatsautorität in regionale Partikularismen«, aus denen soziale Ungleichheiten und nationalistische Kriege hervorgingen.
Dem Editorial folgen Momentaufnahmen »vom letzten Akt«, Notizen aus den Tagen vom 17. Oktober 1990 bis zum 3. Juni 1999, verfasst von W. F. Haug. (Auszug aus: Jahrhundertwende. Werkstatt-Journal 1990 bis 2000). Gal Kirn beleuchtet den dreifachen Bruch der Partisanenrevolution (»partisan ruptures«), Miklavž Komelj widmet sich der Partisanenkunst und Krešimir Zovak betrachtet die Einführung der Arbeiterselbstverwaltung 1949 als »Absterben des Staates« aus marxistischer Perspektive. Ankica Čakardić zeichnet die oft wenig dokumentierten und erinnerten Kämpfe der Frauen von der jugoslawischen Selbstverwaltung bis zu den Austeritätsregimen nach. Sie betont dabei die heutige prekäre Situation der Arbeiterinnen und plädiert dafür, feministische Analysen und Forderungen »innerhalb eines antikapitalistischen Rahmens des historischen Materialismus zu thematisieren«. Krunoslav Stojaković, ebenfalls Herausgeber der Ausgabe, setzt sich mit der Rezeption Josip Broz Titos durch seine Biographen auseinander.
Jenseits des Schwerpunkts wird das Heft bereichert durch einen hegemonietheoretischen Beitrag von Jan Rehmann zu Bernie Sanders sowie durch Ishay Landas differenzierte Kritik an Alain Badiou. Von Lucien Sève erscheint unter dem Titel »Für eine Wissenschaft der Biographie« ein Auszug aus dem Vorwort der deutschen Neuausgabe von »Marxismus und Theorie der Persönlichkeit« (Argument Verlag 2016).