Beschreibung
FKP/NF 03
Krise, autoritäre Tendenzen, Subjektivität
Der Ausgangspunkt für dieses Heft war die Beobachtung weltweiter gesellschaftlicher Erschütterungen und Erosionen, außerdem die Einschätzung, dass Rechtsextremismus und autoritäre wie anti-demokratische Tendenzen zunehmen. Wir waren und sind überzeugt, dass die Analyse dieser gesellschaftlichen Verschiebungen bis in die Praxen der gesellschaftlichen Individuen hinein kritisch-psychologisches Denken braucht, um zur Entwicklung einer emanzipatorischen Praxis beizutragen. An Verwerfungen durch Bewertungen des staatlichen Corona-Managements, die auch tief in linke Bewegungen hineinwirken, war zum Zeitpunkt der Heftkonzipierung noch gar nicht zu denken. Beiträge dazu fehlen im Heft. Allerdings haben die Bedingungen, die in der politisch festgestellten epidemischen Notlage ihren Ausdruck finden, die Heftproduktion erschwert.
Wer individuelles Verhalten, Denken und Fühlen verstehen will, braucht deren Bezug auf sich verändernde Bedingungen und Bedeutungskonstellationen wie auf subjektive Handlungsgründe und -dynamiken. Entsprechend weit haben wir nach Autorinnen und Autoren für dieses Heft gesucht. Auf den Produktionsprozess des nun vorliegenden Heftes zurückblickend ist klar, dass eine solch umfassende Themenstellung kein im engeren Sinne kohärentes Heft ermöglicht. Unterschiedliche Schwerpunkte und Interessen in der Redaktion und seitens der Verfasserinnen und Verfasser entfalteten zentripetale Kräfte. Die Texte setzen an unterschiedlichen Punkten an, seien dies grundlegende gesellschaftstheoretische Perspektiven, begrifflich-methodische Überlegungen oder die Arbeit an (aktual)empirischem Material. Die fehlende Geschlossenheit sehen wir indes nicht einfach als Mangel, sondern auch als Stärke unseres Heftschwerpunkts. Es zeigen sich verschiedene Perspektiven auf die Thematik sowie mögliche Querverbindungen.
Redaktion dieser Ausgabe: Ariane Brenssell, Ulrike Eichinger, Arnd Hofmeister, Jochen Kalpein, Christian Küpper, Hans-Peter Michels, Thomas Pappritz, Katrin Reimer-Gordinskaya, Santiago Vollmer, Eileen Wengemuth, Michael Zander
Kontakt: fkp@kritische-psychologie.de
Inhalt
In diesem Heft:
■ Teresa Orozco Martinez
Deutungskämpfe um Autorität. Feministische Lektüren im Anschluss an Hannah Arendt
■ Katrin Reimer-Gordinskaya & Selana Tzschiesche
Antisemitismus als kollektive Handlungsproblematik in einer Gesellschaft der Vielen
■ Felix Bardorf & Ariane Brenssell
Interview mit dem Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit (AKS) Hamburg
■ Klaus Weber
»Männerphantasien« – Kritik an Klaus Theweleits Analyse von Faschismus und Männlichkeit
■ Verónica Gago
Kartographie der Gegenoffensive. Das Gespenst des Feminismus
■ Florian Spissinger & Julia Leser
Affektive Komplexität in rechten Kontexten – Methodologische Impulse
■ Günter Mey, Katrin Reimer-Gordinskaya, Fiona Kalkstein, Michael Zander & Marc Dietrich
Grounded-Theory-Methodologie und Kritische Psychologie – Eine Diskussion
■ Boris Friele
Subjekttheoretische Konvergenzen von Kritischer Psychologie und der »Lebensweltorientierung in der Sozialen Arbeit«
■ Santiago Vollmer
Holzkamp übersetzen
■ Rezensionen zu
Lea Degener et al.: Dressur zur Mündigkeit? (Felix Bardorf)
Bruno Körner et al.: Neue Autorität – das Handbuch. (Jan Niggemann)
Anna Stetsenko: The Transformative Mind. Expanding Vygotsky’s Approach to Development and Education. (Till Manderbach)