Beschreibung
Auch als E-Book auf allen gängigen Portalen
Nachkriegszeit auf einer kleinen Fischerinsel im Norden Norwegens. Tora wächst mit dem Stigma heran, Kind eines Soldaten der verhassten Besatzungsmacht zu sein. Das macht aus ihr praktisch Freiwild
»Sie war Tora. Da war nichts dran zu ändern. Elisif hatte ihr mehr als einmal gesagt, dass sie nicht verstehen könne, dass eine so schöne und gut gebaute Frau wie Ingrid sie bekommen habe. Es müsse das fremde Blut sein und der Sünde Sold, die das bewirkt hätten.Tora verstand allmählich, was sie meinte, und wurde rot bis zu den Ohrläppchen.Das fremde Blut war das Schlimmste, das gehörte zum Krieg, von dem die Mutter niemals sprach. Das mit der Sünde Sold nahm Tora nicht so schwer. Da konnte man schummeln, das hatte sie gesehen. Aber wenn auch der Spiegel über dem Ausguss Tora erzählte, wer sie war, so lebte sie doch ihr eigenes geheimes Leben unter dem Federbett in ihrer Kammer. In der Dunkelheit und allein mit sich war sie die, die sie sein wollte. Da streifte sie unter dem kleingeblümten Bettbezug ihre Haut ab, wärmte sich mit ihren eigenen kalten Händen, liebkoste sich selbst, während sie eine andere Tora heraufbeschwor. Wenn sie allein zu Hause war, konnte sie die eigentliche Tora vollständig vergessen.Für eine Weile konnte alles, was am Tag an ihr nagte, verschwinden, als ob es nie da gewesen wäre. Die Gefahr? Die verschwand auch.«
»Deutschenkind« ist Band 1 der berühmten Tora-Trilogie, einer Romanfolge, die für das kaum zu Ertragende eine großartige Sprache findet. Herbjørg Wassmo schildert einen historischen sozialen Kosmos den Alltag der auf den Fischfang angewiesenen Inselbewohner Nordnorwegens in den 1950er Jahren. Mal drastisch, mal komisch, mal erschütternd und verblüffend unverfälscht entfaltet sich die Erlebniswelt eines Kindes an der Schwelle zur jungen Frau.