Beschreibung
Der Titel ist leider vergriffen.
»Die Literatur des Abendlandes berichtet von den epileptischen Anfällen der Apollon-Priesterin Kassandra. In ihren chaotischen Bewegungen sieht sie die Zerstörung Troias im Krieg voraus. Christa Wolfs »Kassandra« bewegt sich nicht nur in einem körperlichen Veitstanz des wahnwitzigen Wissens. Ihre subtilsten und kräftigsten Bewegungen geschehen auf der sprachlichen Ebene. Dort improvisiert Kassandra im metaphorischen Raum zwischen Unterbewusstsein und Bewusstsein einen Tanz der Schöpfung und Übertragung von verdrängten Inhalten. (…)
Die Tradition der abendländischen Literatur überlieferte Kassandras Vorstellungen als Wahnmerkmale bis in moderne Übertragungen der Klassiker (Walter Jens, »Die Troerinnen«).
Christa Wolf sucht einen Sinn hinter den scheinbar wahnsinnigen Äußerungen. Die Autorin nähert sich Kassandras Verrücktheit. Sie findet darin eine kritische Kreativität, die zu Bewegungen im Denken der antiken Frau führt. (…)
Auch Kassandra geht es bei ihrer Entdeckung der matristischen Geschichte ihrer Kultur um die Gleichstellung der beiden Geschlechter. Es würde sich lohnen, die Rezensionen des Buches danach zu unterscheiden, wie weit die Kritiker Kassandras sprachliche Arbeit als Bewegung zu einem martistischen Sinn hin rezipieren. Die Analyse der Beispiele in den Rezensionen zeigt Momentaufnahmen der Bewertung und des Bewusstseins von der sprachlichen und psychologischen Dynamik zu dieser neuen Sicht, und dient somit zur Erkundung der gesellschaftlichen Wirklichkeit der Gegenwart.«