Beschreibung
Betrachten wir die Diskussion um Leitlinien in der Medizin der letzten Jahre, so mag die Leitlinie selber als Produkt eines »dialektischen Sprungs« erscheinen des bekannten Umschlags von Quantität in Qualität nämlich nur in umgekehrter Richtung. Nicht ein Immer-Mehr an medizinischem Wissen führt hier zu einer neuen »höheren« Qualität der Medizin, sondern ein Immer-Weniger von verteilbaren Ressourcen innerhalb des solidarisch finanzierten gesetzlichen Krankenversicherungssystems erzeugt den Druck, effiziente Instrumente eines durchgreifenden Qualitätsmanagements zu implantieren, wobei der »Leitlinie« eine strategische Bedeutung zukommt. Wenigstens im gesundheitspolitischen Diskurs gelingt damit der Sprung vom jammervollen Beklagen mangelnder Ressourcen hin zur Hoffnung auf das Erklimmen neuer Qualitätsstandards, mit denen gleichzeitig die ungeahnten Schätze verheißener Wirtschaftlichkeitsressourcen gehoben werden können. Mit Dialektik hat das freilich wenig zu tun, jedenfalls wenn man unter Dialektik mehr verstehen will, als eine Unterdisziplin der Rhetorik.