Beschreibung
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Es war einmal in Europa …
Was geschah 1992 im deutsch-polnischen Grenzgebiet? In den frühen Morgenstunden fallen Schüsse. Zwei Menschen sterben im Weizenfeld. Mord oder fahrlässige Tötung?
Erst Jahre später kommt es zur Gerichtsverhandlung. Die Schützen werden freigesprochen. Alles andere gnädig überdeckt von zwanzig Jahren Alltag im wachsenden Europa – Demokratie und Wohlstand für alle. Für alle?
Wir schreiben das Jahr 2012. Europaweit verdingen sich Migranten zur Erntearbeit, doch es gibt immer weniger zu tun. Die rumänische Wanderarbeiterin Adriana kämpft ums Überleben ihrer Familie und fasst einen verzweifelten Entschluss: Sie reist nach Deutschland und sucht den Mörder ihres Vaters.
Der Dokumentarfilm Revision von Philip Scheffner und Merle Kröger ist die filmische Untersuchung der authentischen Opfer- und Täterperspektiven. In ihrem Roman Grenzfall geht Merle Kröger einen Schritt weiter. Mit dem ersten Teil zoomt sie literarisch an die handelnden Personen des Dramas im Grenzgebiet heran, im zweiten Teil, der heute spielt, schreibt sie die fiktive Geschichte der Kinder der Erschossenen und verstrickt sie ein weiteres Mal in einen Kriminalfall, der die Grenzen der europäischen Rechtsauffassung scharf ins Bild rückt.
Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimi Preis 2013 (Platz 1 National)
und dem Stuttgarter Krimipreis 2013.
Kommentar der Verlegerin:
»Ist das ein Politthriller?«, wurde ich vor der Veröffentlichung gefragt. Die Antwort fiel mir nicht leicht. Es ist kein Whodunnit, so viel ist sicher. Rein thematisch ist Grenzfall unbedingt ein Politthriller, aber Merle Kröger schreibt eine andere Choreographie und hat einen völlig anderen Sound, als man es von Thrillern gewöhnt ist. Es gibt in diesem Buch Noir-Elemente und knallharten Realismus, aber auch eine rastlose, kaleidoskopartig bunte Unruhe, die eher an ein Roadmovie erinnert. Grenzfall führt uns kreuz und quer durch Europa, zoomt dicht an vielfältige Wirklichkeiten heran und erschließt Widersprüche, deren Aktualität manchmal bitter schmeckt. Dabei verhält sich Merle Krögers epische, ungestüme, gefühlsbetonte Erzählweise zum Großteil der deutschen Krimikultur wie ein E-Gitarren-Solo zur Kammermusik. Wo ein Thriller meine Angst anspricht, bezieht Grenzfall seine Mitfieber-Spannung aus Einfühlung und sozialem Konflikt: Mittäterschaft, Wut, das Sich-Einrichten in den Verhältnissen, Armut und Verzweiflung werden ebenso spür- und greifbar wie Zivilcourage, diverse Konzepte von Familie, Vertrauen, Widerstand und Kreativität. Plötzlich eröffnen sich Spielräume zwischen Wissen und Wegschauen. Als ob man eine Reise mitmacht, die den Blickwinkel ein bisschen verschiebt. Ich liebe es, wenn ein Roman so was mit mir macht.
Else Laudan