Beschreibung
vergriffen
Das Argument 334 –
Aspekte des geschichtlichen Moments | Wege zu einer ökologischen Produktionsweise?
Aus dem Editorial:
Die Große Unterbrechung
Das vorliegende Heft ist ein Produkt der vom Covid-19-Virus erzwungenen Heimarbeit als Notbehelf anstelle der ihm zum Opfer gefallenen Jahrestagung des InkriT: Wege zu einer ökologischen Produktionsweise? Es kann den lebendigen internationalen Gedankenaustausch nicht ersetzen und bescheidet sich damit, Anstöße zu geben. Die Vielschichtigkeit der Problematik legt es nahe, wenigstens im Ansatz die von uns in den letzten fünf Jahren begonnenen theoretischen Reflexions- und Rekonstruktionsprojekte in der konkreten Analyse zusammenzuführen.
I.
Die Covid-19-Krise hängt wie ein Schleier über der Szene. Eben noch besetzten die Schüler- und Studentenstreik-Demonstrationen die Bildfläche und setzten die Zeiger der Zeit auf die Krise unserer Biosphäre. Wie weggewischt scheint der Eindruck, den die weltöffentlichen Auftritte Greta Thunbergs gemacht hatten. Und unsere mit einem Begriff Antonio Labriolas formulierte, auf praktische Widerlegung hoffende Frage, ob es sich bei den Fridays for Future (FFF) um eine »meteorische« Bewegung handle, die vorbeizieht, oder um eine »aufsteigende«, die »die Welt ändert« (DA 332/2019), droht sich im Selbstlauf negativ zu beantworten. Die Erfahrung spräche dafür: »Eigentlich ist seit langem klar: Digitale Kommunikation schafft keine belastbaren Bindungen, wie die Twitter-Revolution in Iran, die Facebook-Revolution in den arabischen Ländern oder die Occupy-Proteste gezeigt haben, die alle einmal als neue digitale Sammlungsbewegungen galten, denen kein Mächtiger mehr standhalten würde. Auch die Liquid Democracy der Piratenpartei hatte ein kurzes Leben.«
(Thomas Thiel, »Wer nicht da ist, kann auch nicht stören«, FAZ, 23.5.20)
Noch wissen wir es nicht. Aber eines wissen wir mit Sicherheit, dass der durch die herrschende kapitalistische Produktions- und Reproduktionsweise des humangesellschaftlichen Lebens hervorgerufene naturgesetzliche Klimawandel, den die FFF in neuer Dringlichkeit auf die globale Tagesordnung gesetzt hatten, sich ungeachtet des Corona-Ausnahmezustands bemerkbar machen und – wenn der Corona-Schleier sich verzieht – auf die politische Bühne zurückkehren wird, womöglich mit dem während der erdweiten Großen Unterbrechung beträchtlich verringerten CO2-Ausstoß als Bezugsgröße. Dort warten freilich die ökonomischen Coronafolgen, über deren politische Krisendynamik im Zeichen explodierender Massenarbeitslosigkeit rund um den Globus wir nur spekulieren können …
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Inhaltsverzeichnis Das Argument 334
Verlagsmitteilungen
Volker Braun Das Aschenmahl
Anna Conrads »Bestellt und nicht abgeholt«
Aspekte des geschichtlichen Moments
Wolfgang Fritz Haug
Die Große Unterbrechung. Editorial
Christoph Türcke
Coronas digitale Schubkraft
Hauke Neddermann
Post mortem: Reflexionen zu China in der Coronavirus-Krise
Gerhard Schweppenhäuser
Die Wende: eine Abwendung. Über ›feindliche Gefühle gegen die Autoritäten‹ in Deutschland
Alban Werner
Die Wiederkehr des Verdrängten. Eine andere Deutung der neuen
deutschen Unübersichtlichkeit
Frigga Haug
Muttermord – Gefahr der Restauration. Kampf um Potenziale
alternativer Gesellschaft
Am Puls der USA
Karen Ruoff und Cheryce von Xylander
Der Wille zum Düpiertsein. Kayfabe in Coronamerika
Jan Rehmann
Höhenflug und Absturz. Hegemonietheoretische Überlegungen zu
Bernie Sanders’ Wahlkampagne
Wege zu einer ökologischen Produktionsweise?
Wolfgang Fritz Haug
Eine kopernikanische Wende der Ökologie? Jason Moores
weltökologischer Ansatz und die Philosophie der Praxis
Timothée Haug
Eine Weltgeschichte des Kapitalismus als Bewährungsprobe der
oikeios-Theorie
Cheryce von Xylander
Karlsruher Postmoderne. Das Mensch-Natur-Distanz-Festival
(ZKM Karlsruhe 22.– 24. Mai 2020)
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Nachrufe
Lucien Sève 1926 –2020 (W. F. Haug)
Wolf-Dieter Narr 1937–2019 (P. Kammerer)
Gerhard Zimmer 1943–2020 (F. Haug, C. Ohm, N. Räthzel, I. Schütte)
Norbert Schneider 1945 –2019 (P. Jehle)