Beschreibung
Das Doppelheft WEGE DES MARXISMUS-FEMINISMUS versammelt theoretische Analysen und praktische Appelle zahlreicher mutiger und engagierter marxistischer Feministinnen und feministischer Marxistinnen. Es werden vielseitige Wege des Marxismus-Feminismus nachgezeichnet, postkoloniale Ausgangspunkte eingenommen, internationale Perspektiven hervorgehoben, immer in einer Rückbesinnung auf feministische und marxistische Kämpfe und Diskurse. Der vorliegende Band dokumentiert einen Neubeginn, so Ruth May in den einführenden Worten, er beinhaltet eine aktuelle und weitsichtige feministische Rekonstruktion des Marxismus.
»Die beiden Herrschaftsverhältnisse, den Kapitalismus und das Patriarchat, als zwei unabhängig voneinander bestehende Formen der Ausbeutung und Unterdrückung zu analysieren, macht wenig Sinn, sind die Verschränkungen doch zu offensichtlich«, konstatierte Katja Kipping 2015 zur Eröffnung des internationalen Kongresses »Die Kraft der Kritik: Wege des Marxismus-Feminismus«, der diesem Doppelheft voraus ging.
Frigga Haug betont in ihrem Beitrag: »Es geht darum, Hegemonie für eine sozialistische Demokratie zu gewinnen, für eine friedliche Gesellschaft ohne Unterwerfung und Ausbeutung, in der auch alle Frauen selbstverständlich Platz als Menschen haben. […] Nennen wir dies ein Projekt einer radikalen Demokratie.« (526)
Zu »Frauen und Revolution« schreibt Shahrzad Mojab (Toronto): »Überall auf der Welt führt das patriarchale Regime seinen endlosen ?Krieg gegen die Frauen?. Der Aufstieg von Faschismus, Nationalismus, Xenophobie, religiösem Fundamentalismus und imperialistischer Konkurrenz hat eine erschreckende Situation mit einer dunklen Zukunft für die 99-Prozent-Mehrheit geschaffen. Große Teile des Mittleren Ostens und Nordafrikas sind in einen endlosen Krieg zwischen imperialistischem und religiösem Fundamentalismus verwickelt mit verheerenden Folgen für die kleinen Leute. Es fällt schwer, einen Ausweg ohne Revolution ins Auge zu fassen.« Mojab berichtet über die Rojava- ?Revolution? und diagnostiziert im weltweiten Widerstand gegen den Kapitalismus ein schwächendes Defizit an feministischer revolutionärer Theorie.
Gayatri Spivak (New York) erörtert den Sinn des Wählens vor dem Hintergrund weltweiter Widersprüche und Herrschaftsdiskurse (u.a. im Feld der Biopolitik und im Bereich der Bildung) und fordert Komplizenschaft zwischen Tradition und Moderne.
Hester Eisenstein (New York) wagt die Frage: »Warum hat die weltweite Frauenbewegung die globale Hegemonie des Neoliberalismus nicht ernsthaft in Frage gestellt?«.
Erica Burman (Manchester) mahnt: »Intersektionalität bezeichnet kein vorgefertigtes Analysemuster, sondern eine Einladung zu interpretierender und politischer Arbeit: um komplexe Machtverhältnisse besser zu verstehen, wie sie sich verschieben und durch verschiedene Kontexte hindurch modifizieren – als ein Weg, Möglichkeiten für Solidaritäten zu erarbeiten.«
Es folgen Länderberichte aus Indien, Spanien und Griechenland sowie ein forschender, durchaus Hoffnung weckender Blick auf »Feminismus im Weltmaßstab« von Raewyn Connell (Sydney): »Möglich ist ein anders strukturierter Weltprozess der Produktion und Zirkulation von Wissen. Um das geschehen zu lassen, bedarf es nicht einer geteilten Lehrmeinung. Erforderlich sind sich überschneidende Visionen von Geschlechtergerechtigkeit, Arenen der Verbindung, wechselseitiges Lernen und genügend Sinn für Solidarität, so dass diese Arenen funktionieren.«
Dem reichen Doppelheft stehen aktuelle Analysen zu den Pariser Attentaten, Rassismus und Widersprüchen der Flüchtlingspolitik voran.