Beschreibung
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Über den Kapitalismus hat Marx viel geschrieben, er soll aber wenig über ihn gewußt haben. Über den Sozialismus hat Marx fast nichts geschrieben, er soll aber im Grundsätzlichen schuld sein. Wir sind also an Marx‘ Ende? Oder sind wir an Marx‘ Anfang, wie die These von der nunmehr erst möglichen Historisierung der Marxschen Leistung besagt? Die einen jagen dem Odem nach, die anderen schnüffeln Todesdunst. Dies allerdings nun auch schon seit etlichen Jahrzehnten, über mehrere europäische Wenden hinweg, was schon wieder Kontinuität sui generis ist und durchaus nicht gegen Marx spricht. Die Wissenschaftsgeschichte ist so, wie sie war. Jeder Nachvollziehende macht sich von ihr einen Scherenschnitt, aufgrund seines Werkzeugs und seines gesellschaftlichen Kontextes selbstredend. Demzufolge ist es auch immer nur der seinige, vielleicht noch die Schablone von Gruppen. Wo der eine ein schwarzes Feld besetzt, deutet sich der andere sein weißes. Dass Marx trotzdem bis heute durchgehalten hat, haben sich die streitenden Parteien schon selbst zuzuschreiben. Es könnte ferner natürlich auch daran liegen, dass Marx auf richtige Fragen nicht allzu unrichtige Antworten angedacht hat. Beides lässt vermuten, dass er seinen Platz in der Wissenschaftsgeschichte längst eingenommen hat, ergo auch für künftige Denker- und Nachdenkergenerationen ein An- und Durchlaufpunkt bleiben wird. Und das kann so verkehrt nicht sein. Die derzeitige Weltlage bedeutet für geistes- und sozialwissenschaftliche Disziplinen eine innovative Zeit und Chance. Der »östlichen Seite« der Marx-Engels-Forschung und -Edition hat die jüngste Wende nichts Geringeres als das artikulierbare Selbstbewusstsein ihrer Geschichte zurückgegeben. Eine Reihe der im vorliegenden Heft veröffentlichten Texte zeigt, dass die Marx-Engels-Forschung um einen einschneidenden Gegenstandsbereich gewachsen ist, um die Erklärung der Rezeptionsbedingtheiten und -vorgänge Marx/Engelsscher Ideen in den osteuropäischen Ländern seit 1917 bzw. 1945, darin eingeschlossen die wechselvolle Geschichte der Herausgabe des Marx-Engels-Nachlasses. An den Biographien früherer Marx-Engels-Kämpen wie Rjazanov oder Stein bestand natürlich auch zuvor schon Interesse, doch kamen die einen nicht an das Material heran, die anderen wurden durch längst unzeitgemäße Stempel und Schlösser abgehalten. Die endliche Öffnung vor allem der Moskauer Archive ermöglicht nunmehr den nötigen Quellenzugang. Die neu zutage geförderten Materialien bekräftigen, dass Marx-Engels-Forschung und -Edition sich im historischen Spannungsfeld von Politik, Ideologie und Wissenschaft bewegten, nicht irgendwo abseits. Historisch-kritische Edition heißt auch mitlaufende kritische Selbstbewertung. Dass hier bei der MEGA vor allem aus ideologischen Gründen ein Problem lag, illustriert eine weitere Gruppe von Beiträgen des Hefts an unterschiedlichen, aber repräsentativen Beispielen. Die nun gedruckt vorliegenden neuen Editionsrichtlinien versprechen Abhilfe: Jedes Editionsprojekt hat seine Lösungen gegenüber früheren zu benennen; der international aktuelle Forschungsstand ist einzuarbeiten und nachzuweisen. Und daß immer wieder neue Sichten entstehen, vermitteln die Beiträge über Hegel und Dietzgen.